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Catherine Chalier: Irreduzible Brüderlichkeit
Irreduzible Brüderlichkeit
(S. 215 – 228)

Catherine Chalier

Irreduzible Brüderlichkeit

Übersetzt von Pascal Delhom

PDF, 14 Seiten

Das Jenseits des Staates im Staat ist auch die eschatologische oder messianische Dimension der Politik, die Levinas unter anderem am Anfang von Totalität und Unendlichkeit anspricht. Sie besteht nicht darin, der Geschichte eine Richtung zu geben oder sie zu verlassen, sondern sie »stellt eine Beziehung zum Unendlichen des Seins her, das die Totalität überschreitet«. Das Eschatologische ist für Levinas mit der Idee der Brüderlichkeit aller Menschen verbunden, die nicht als Einheit der Gattung, sondern des Vaters in einem nicht biologischen Sinne verstanden werden soll. Die Menschen sind insofern Brüder und Schwestern, als sie vom Anderen angesprochen werden und füreinander verantwortlich sind: messianische Öffnung einer Gesellschaft, in der die Menschen noch keine Menschheit bilden. Die so verstandene Brüderlichkeit wäre für Catherine Chalier die Quelle der im Leitwort der französischen Republik angemahnten Gleichheit und Freiheit. Sie ist die Quelle des Naturrechts und einer auf den Rechten des Fremden gegründeten Politik. Sie öffnet auch eine Perspektive des Friedens als Beunruhigung durch das Leiden der anderen Menschen.

  • Politik
  • Verantwortung
  • Alterität
  • Ethik
  • Levinas

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Deutsch

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Catherine Chalier

ist Professorin für Philosophie an der Université Paris X-Nanterre.

Pascal Delhom (Hg.), Alfred Hirsch (Hg.): Im Angesicht der Anderen
Gibt es eine Beziehung zwischen Ethik und Politik? Emmanuel Levinas gibt eine so eindeutige wie ungewöhnliche Antwort: Die Politik mag ihre Notwendigkeit dem Problem der Gewalt zwischen den Menschen entnehmen, ihre Legitimität findet sie nur im Verweis auf eine Ethik der absoluten Verantwortung für den Anderen. Dabei scheint die Levinas’sche Ethik meistens sehr fern von aller politischen Sorge. Der Andere ist keine Kategorie des Seins, er gehört nicht zur Welt, sondern ruft von jenseits des Seins und stört die Ordnung der Welt und des Lebens. Die Ethik führt jedoch zur Politik, die wiederum nur in der Ethik ihre Legitimität finden kann. Die Beiträge des Bandes stellen diese in Deutschland noch zu wenig beachtete Dimension der Philosophie Levinas’ dar und setzen sich kritisch mit ihr auseinander. Gemeinsam ist ihnen, dass sie deren Relevanz für das Denken des Politischen im allgemeinen sowie für die sehr aktuellen Diskussionen über die Menschenrechte, die Gerechtigkeit und die Legitimität der Demokratie anerkennen.