Thema dieses Essays ist die Festschreibung ungerechter Verhältnisse gerade vermittels der Menschenrechte. Am Grund von Gayatri Chakravorty Spivaks Überlegungen steht die Frage: Wer tritt, im Verhältnis von globalem Norden und globalem Süden, als Anwalt der Menschenrechte auf? Es geht bei den Menschenrechten offenkundig nicht nur darum, eines oder mehrere Rechte zu besitzen oder einfordern zu können; es geht vielmehr darum, diese Rechte zu vergeben – und darum, wer in der Position des Gebenden bzw. des Nehmers dieser Rechte ist. Dass lokale Menschenrechtsaktivisten großenteils Nachkommen der »kolonialen Subjekte« sind und somit aus der Elite heraus agieren, kreiert unweigerlich ein neues, postkoloniales Klassenproblem. »Es ist eure Pflicht, Rechte einzufordern«, lautet das ebenso banale wie paradoxe Motto der Privilegierten gegenüber den »Subalternen« – denen, die von sozialer Mobilität in jeglicher Form abgetrennt sind. Nachdrücklich plädiert Spivak für einen lokalen, auf unterster Ebene ansetzenden Einsatz der Bildung und Erziehung – was sich wiederum auf das Konzept, das die Humanities von Human Rights haben, auswirkt. Weil die Konzeption der Menschenrechte zwischen Naturrecht und (aus einer kontingenten historischen Situation heraus) erklärtem und mithin gesetztem Recht oszilliert, stellen sie für die Beschreibung der Aporie zwischen Ethik und Politik ein Paradebeispiel dar.