Rockabilly fing an zu graben, spät in einer Frühlingsnacht, mit einer rostigen Schaufel, im Hintergarten seines Hauses. Alles hatte einige Stunden vorher begonnen, es dämmerte, die Fenster in der Nachbarschaft erhellten sich nach und nach und das Rot am Horizont zerfloss. In einigen Häusern flackerten Fernseher, in anderen versammelten sich die Familien um den Abendtisch. Rockabilly hatte weder Familie noch Fernseher, er kniete im Wohnzimmer im Schein einer schwachen Glühbirne auf einem Haufen alter Zeitungen, seine ölverschmierten Finger nahmen ein Getriebe auseinander, das er vom Autofriedhof mitgebracht hatte. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn, seine Hand hinterließ einen schwarzen Fleck. Zufrieden ging er ins Bad, um sich zu waschen. Während er die Arme einseifte und vergeblich versuchte, den Schmutz aus der Haut zu entfernen, fiel etwas vom Himmel. Zunächst vernahm er einen schrillen Pfiff, dann einen harten Schlag aufs Dach, einen Blitz und einen dumpfen Knall im Hintergarten. Rockabilly stürzte aus dem Bad. Der Giebel brannte und die Dachrinne flatterte lose. Ohne in Panik zu geraten, holte Rockabilly den Feuerlöscher aus der Küche und erstickte das Feuer. Als der Rauch sich gelichtet hatte, begutachtete Rockabilly den Schaden. Am Dach zeugte neben einem verkohlten Halbkreis einzig ein münzgroßes Loch von dem Einschlag. Durch das Loch sah er einen Stern funkeln. Rockabilly stellte den Feuerlöscher ab und besah den Hintergarten. Er kratzte sich am Kinn und betrachtete seine kleine häusliche Apokalypse. Ein glühender Dunstschleier ruhte auf dem Gras, das Erdreich war aufgeplatzt und Pflanzenfetzen waren über den Garten verteilt. Er ging einige Schritte in die Mitte der Furche, dem Treiben einer Rauchschwade folgend. Seine Schritte wühlten den Nebel auf und gaben kurze Blicke auf das Verborgene am Boden frei. Er schritt vorsichtig voran, bis er auf einen Riss stieß. Er beugte sich und konnte die nebeligen Umrisse eines kleinen Kraters ausmachen, in den der Nebeldunst sank. Einige Minuten blieb er stehen, ohne zu wissen, was er tun sollte. Er dachte, es empfehle sich wohl, jemanden zu verständigen, die Feuerwehr, die Polizei, wen auch immer, verwarf aber letztlich den Gedanken. Er war vorbestraft und daher besser damit beraten nicht aufzufallen. Außerdem glaubte er, die Sache im Griff zu haben. Das Feuer war gelöscht, das Dach sah aus, als würde es halten, und der Garten ... wer zur Hölle scherte sich um den Garten. Kurzum, er war erschöpft, die Nacht davor hatte er kaum geschlafen, und er wollte sich auf keinen Fall mit der Polizei herumschlagen. Er rieb sich die Augen und beschloss, sich erst am nächsten Morgen um den Schlamassel zu kümmern. Ohne zurückzublicken, warf er sich aufs Sofa und zündete eine Zigarette an. In den nunmehr vier Jahren, in denen Rockabilly in dem Haus wohnte, hatte er niemals die Zeit, geschweige denn die Lust gehabt, ein Bett zu kaufen. Tatsächlich gab es in dem Haus bis auf zwei Klappstühle, einen kleinen Tisch und ein ausgefranstes Sofa, keine Möbel. Stattdessen war der Boden mit allem möglichen Schrott übersät. Schrauben, Zündkerzen, Stoßdämpfer, auseinandergebaute Motoren, Vintage-Reifen und rostzerfressene Rohre. Allein der Gedanke daran, das Durcheinander aufzuräumen, erschöpfte ihn. Doch trotz der Müdigkeit kam er nicht zur Ruhe, er war aufgewühlt. Er konnte nicht aufhören, an den Krater zu denken und daran, dass es Weltallgestein sein könnte, ein kleiner Meteorit oder etwas in der Art. Er erinnerte sich an einen Artikel, den er in deiner von den Zeitungen gelesen hatte, mit denen der Boden ausgelegt war, einen Artikel über das vierzigjährige Jubiläum der Mondlandung, in dem es hieß, dass die Steine, die man damals mitbrachte, inzwischen mehrere Millionen Dollar wert seien. Rockabilly ging das nicht aus dem Kopf. Die Möglichkeit, dass ein Stein aus dem All in seinem Garten eingeschlagen sein könnte, hielt ihn wach. Er sah sich schon den Meteoriten verkaufen, für einige Tausend Dollar, von denen er sich endlich die fehlenden Teile für den Low-Rider würde kaufen können. Er streifte die Decke ab, zog seine Jeans an, ging in die Garage und nahm die Schaufel. Es war ein warmer Abend und ein gutes Stück Arbeit. Der Gegenstand war tiefer ins Erdreich eingegraben, als Rockabilly zunächst vermutet hatte. Schweiß rann an seinem Gesicht herab, das Hemd klebte am Körper. Er zog es aus und schaufelte energisch weiter, wohlwissend, dass er mit jedem Keuchen und jedem Knurren seinem Preis näherkam. Während Rockabilly weitergrub, beobachtete sie ihn gänzlich unbemerkt hinter einem dunklen Fenster. Das Glitzern in seinem Blick zeugte von demselben sehnsüchtigen Eifer, der auch in den Augen der Nachbarin funkelte. Von ihrem sicheren Versteck aus sah sie, wie Rockabilly sich mühte, wie die Muskeln an seinen Armen und an seinem Rumpf sich anspannten, wie das Tattoo von dem Pin-up-Mädchen auf seinem Rücken im Vollmond zu tanzen schien.
In einer Vorstadtsiedlung in Amerika schlägt ein Meteorit im Hintergarten des Schrottbastlers und Kleinkriminellen Rockabilly ein. Mitten in der Nacht macht dieser sich daran, den Gegenstand auszugraben, unter dem neugierigen Blick der jungen Nachbarin Suicide Girl, die ihn nicht zum ersten Mal beobachtet und deren Mode sich schon seit einiger Zeit nach dem Pin-up-Tattoo auf Rockabillys Rücken richtet. Während Suicide Girl am Fenster steht, beginnt ihre rechte Brust anzuschwellen und Milch zu geben…