Wahrscheinlich mussten die Kuratoren fürchten, jemand stolperte über die Stufen beim Blick an ihre Wände, unachtsam vom Bilderansehen – kann es sein, dass ich eben unten an dem ersten Objekt der Ausstellung einfach vorbeigegangen bin? Nummer 1, »Schleier ohne Form. Vorhang…«. Muss an der Wand direkt zwischen Eingang und Abgang… »Lieber Herr Kollege…!«, und Aufgang angebracht gewesen sein, »… Vorhang. Höhe 310 cm, Breite 475 cm«, ich müsste das doch vom letzten Gangabschnitt her schon gesehen haben, wandhohes Ding. Was ich hier übersehe, geht mir durch den Kopf, wäre das Wesentliche. Was noch die schlichteste Form von Analyse ist. Eigentlich müsste ich, weiß ich, zurückgehen im sacht aufsteigenden Wendelstein. Aber er ist zu Ende, vor mir öffnet sich entlang einer letzten flachen Stufe das Anatomische Theater. Licht.
Dem rechteckigen Raum eingeschrieben ist das Oval einer hölzernen, braun glänzenden Balustrade, von der aus sieht man nach unten. Irgendwo wird hier geflüstert. In drei enger...
Externalized memory had always proceeded by contractions, summaries, reductions, selections, breaks in flow, as well as by organization, classification, boiling down. Card catalogues reduced thousands of works to a few key notions; tables of contents contracted the hundreds of pages in a given book. The sign itself was the first abbreviation of experience. An epic stitched of words was an abbreviation of the war, the long years of which were reduced to a few nights of recitation; the written text that recorded the epic was a contraction of the oral narration which pushed aside its sensory richness, melody, life in a thousand details. In accumulating, every level of abbreviation reconstituted an infinite flow, a new dilation that would be contracted in its turn. From the plurality of pages to the index and the table of contents; from the plurality of books to card catalogues.
The abbreviated elements were further arranged, situated...
Psychopathologie de la vie numérique. Une nuit de septembre 2016, je rêve que c’est la rentrée et que je dois donner un cours. Il y a des années que je n’ai pas enseigné. Je suis projeté là, in medias res, dans un établissement de nature indéterminée. Je n’ai absolument rien préparé ; je n’ai avec moi aucun livre, aucun crayon, aucune feuille de papier. Je n’ai jamais su improviser. J’ai longtemps espéré d’en être un jour capable, l’expérience et le temps ayant fait leur œuvre ; cela ne s’est pas produit. Quelquefois, par flemme ou parce que j’avais beaucoup à faire par ailleurs, j’ai repoussé indéfiniment la préparation d’un cours, en songeant alors, eh bien, à Dieu vat, ce sera l’occasion d’improviser – et le résultat n’a pas été heureux. L’épreuve s’annonce donc rude, mais, pour essayer de me rassurer, je l’aborde en jouant avec l’idée que cette fois-ci, enfin...
Von der Zähmung zu sprechen und ihr zu widersprechen muss damit anfangen, das Wort selbst zum Reden zu bringen. »Zahm« – der rätselhafte Ausdruck geht auf dieselben sprachgeschichtlichen Wurzeln zurück wie die Wörter »Damm« und »Zimmer«. Das Zähmen, so macht die Etymologie damit bereits klar, ist ein Akt der Eindämmung, des Abscheidens und der Einpassung. Was einmal gezähmt wurde, hat seither einen klar begrenzten Ort, seine eigene Kammer, in die es fortan nicht einmal mehr eingesperrt werden muss, weil es das Zimmer in Form seiner Zähmung dauernd mit sich herumträgt. Der zahme Bär an der Leine des Schaustellers, wie man ihn noch Anfang des 20. Jahrhunderts auf den Jahrmärkten vorführte, schien zwar auf dem offenen Dorfplatz zu stehen, steckte dabei aber doch eigentlich im grausamen Käfig seines Dompteurs, den dieser ebenso eng wie unsichtbar um ihn gezimmert hatte.
Noch suggestiver ist da das Französische, wo man das zahme Tier »animal privé«...