Harry Garuba
Untersuchungen zum animistischen Materialismus
Anmerkungen über das Lesen und Schreiben afrikanischer Literatur, Kultur und Gesellschaft
Übersetzt von Sven Heußner
In seinem zuerst 2003 erschienen Essay »Explorations in Animist Materialism«, der hier in einer gekürzten Fassung wiedergegeben wird, untersucht Harry Garuba ein Ensemble kultureller Praktiken im postkolonialen Afrika, in denen Elemente der europäischen Moderne in traditionelle Praktiken integriert werden. Garuba geht es darum, eine theoretische und analytische Perspektive zu entwickeln, die es möglich macht, diese Praktiken jenseits der Opposition von Moderne und Tradition zu denken. Animismus versteht er dabei als eine materielle Praxis zur Strukturierung von Sein und Bewusstsein, die sich insbesondere durch ihre Ablehnung ideeller Entitäten auszeichnet, die nicht verkörpert und lokalisiert sind. Im Sinne eines positiven Unbewussten ist Animismus nicht nur Effekt, sondern Produzent von Effekten und ermöglicht es, das Narrativ von der Säkularisierung als Sieg der Wissenschaft über die Magie zu destabilisieren. So können Rationalität, Wissenschaft und Säkularisierung in eine traditionelle Matrix eingeschrieben werden und umgekehrt. Damit eröffnet sich eine Welt neuer Möglichkeiten, in der im Sinne einer »kontinuierlichen Wiederverzauberung der Welt« andere Formen der Modernisierung und Rationalisierung auftreten können. Nicht zuletzt stellt Garubas Skizze eines »animistischen Realismus« – in Anlehnung an und Abgrenzung zum »magischen Realismus« – den analytischen Rahmen für eine animistisch-materialistische Lektüre von literarischen Texten bereit.