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Gleb J. Albert: »Mikro-Clochards« im Kaufhaus
»Mikro-Clochards« im Kaufhaus
(S. 63 – 78)

The kids are alright


Gleb J. Albert

»Mikro-Clochards« im Kaufhaus
Die Entdeckung der Computerkids in der Bundesrepublik

PDF, 16 Seiten

Der »Trip durch die Computerszene« begann für den Pflasterstrand-Journalisten Matthias Horx in der Elektroabteilung eines Kaufhauses. In seinem ­gleichnamigen, 1984 erschienenen Buch betrachtete er dort fasziniert eine neue Spezies – ­computerbegeisterte Jugendliche, oder, wie er es in einem romantischen Anflug ­formulierte, »Mikro-Clochards«. Diese liefen »ständig mit einem Diskettenstapel unter dem Arm herum, von Kaufhaus zu Kaufhaus, immer auf der Suche nach dem freien Schacht eines Diskettenlaufwerks und einem Cursor, der nur für sie blinkt.«1 Ein ähnliches Bild hatte Der Spiegel im Jahr zuvor gezeichnet:


»Sie drängeln und schieben, schubsen und rangeln durch die schmalen Einlässe in das Centrum. Teenies in Jeans und Sportjacken haben die rechtzeitig zum Weihnachtsfest errichtete Computer-Hochburg besetzt. In Dreier-Reihen belagern sie die begehrten Plätze an den Maschinen. Computer-Knirpse hacken aus dem Stegreif ein eigenes Programm in die Tasten […]. Wohlgefällig betrachten die Verkäufer das bunte Getümmel in dem eleganten Centrum. ›Wir lassen die hier spielen‹, erklärt einer den staunenden Erwachsenen, ›das sind nämlich unsere Kunden‹.«2

Als Idylle wollte der Spiegel-Journalist die Szenerie indes nicht verstanden wissen: »Computer – das ist wie eine Sucht«, lautet der Untertitel des Beitrags. Horx’ leise Faszination für die »Mikro-Clochards« und der besorgte Duktus des Spiegel stehen stellvertretend für die allgemeine Verunsicherung, die sich in der Bundesrepublik in der ersten Hälfte der achtziger Jahre angesichts der Computerisierung der Privathaushalte breit machte. Eine neue Technologie trat auf den Markt – ihr gesellschaftlicher Sinn und damit die legitimen und illegitimen Arten ihrer Nutzung mussten jedoch erst austariert werden.3

Während die ersten Heimcomputer bereits in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre auf den US-Markt kamen, erreichten sie erst in den ersten Jahren der folgenden Dekade die westeuropäischen Märkte – und dies gleich als Massenprodukt. Trotz der ›ernsthaften‹ Anwendungsmöglichkeiten, mit denen die neuen Rechner beworben wurden, waren zugleich Computerspiele ihr Einsatzzweck und damit Jugendliche eine ihrer primären Zielgruppen.4 Das Spielen am Computer war das wohl am heftigsten skandalisierte, jedoch keinesfalls das alleinige Merkmal der Computerkids. Es ging um das bis dato unbekannte Phänomen der – wie es ein zeitgenössischer Autor definierte – »in der Regel männliche[n] Schüler[,] die sich in ihrer Freizeit intensiv mit dem Computer beschäftigen« und ihn zum »zentrale[n] Interessenobjekt ihrer Freizeit« machten.5 Das ›Computerkid‹ oder der ›Computer-Fan‹ war eine zeitgenössisch äußerst virulente ›Sozialfigur‹.6 Bereits 1984 stellte der Kulturtheoretiker Georg Seeßlen fest, ›Computerjugendliche‹ seien »zu einem handfesten Kultur-Mythos geworden«, mit ihren massenmedialen Repräsentationen als »beinahe schon eine[m] feuilletonistische[n] Genre«.7 Dieses »Genre« wurde zudem durch jene Subkulturen beflügelt, die am Rande der Legalität um die Computernutzung herum entstanden und als Hacker, Cracker oder Mailboxuser Projektionsflächen für massenmediale Spekulationen boten.8

Diese neuen Jugendkulturen befeuerten die Computerdebatten zwar, waren jedoch keineswegs ihre Auslöser, denn die intensiven Deutungskämpfe um Computertechnologie waren bereits in vollem Gange. Die öffentliche Skepsis gegenüber Computern war nachvollziehbar vor dem Hintergrund der zunehmenden Automatisierung der Arbeit und der damit einhergehenden Ängste vor Arbeitsplatzverlust, der durch Reagans Star Wars verkörperten Computerisierung der Militärtechnologie, der allgegenwärtigen Angst vor dem Atomkrieg und des breiten Widerstands gegen die von der Bundesregierung für 1983 geplanten Volkszählung. Die skeptische bis alarmistische Publizistik hatte noch andere Computer im Sinn: die arkanen, in der Öffentlichkeit weitgehend unsichtbaren Rechner, die sich ausnahmslos in institutionellem und vor allem militärischem Besitz befanden. Entsprechend wurden Computer in Privathaushalten – und aus zeitgenössischer Perspektive durchaus folgerichtig – vornehmlich als Herrschafts- und Kontrolltechnologie und weniger als Handwerkzeug des gemeinen Bürgers wahrgenommen. Diese Wahrnehmung wurde jedoch in den achtziger Jahren zunehmend von einer neuen Realität konterkariert, die vom Computer als Massenkonsumgut und Teil einer neuartigen Medienkonstellation geprägt war.


In diesem »Kulturkampf um den Heimcomputer«9 waren die Computerkids zugleich Diskursobjekte und Protagonisten. Die vorgeblich obsessiv computernutzenden Jugendlichen waren dabei den Zeitgenossen auf doppelte Weise unheimlich: Zum einen beherrschten sie eine neue Technik, mit der sich Erwachsene vielfach schwertaten, was die Zeitgenossen umso mehr beeindruckte, als der Gebrauch früherer Heimcomputermodelle – selbst in ihrer Eigenschaft als Spielgerät – ein hohes Maß an technischem Wissen erforderte. Zum anderen aber schienen die ­Computerkids der imaginierten Bedrohlichkeit dieser Technik schutzlos ausgeliefert – was dadurch betont wurde, dass die jungen Computernutzer medial als ­›Kinder‹ apostrophiert wurden, auch wenn es sich um Jugendliche und Heranwachsende handelte. Zwischen diesen beiden Polen oszillierte der deutsche Computerkids-Diskurs, der die achtziger Jahre hindurch von alarmistischen Stimmungen durchzogen war, bis er sich gegen Ende der Dekade zunehmend ›normalisierte‹. Die jugendlichen Computerfans traten allerdings auch in einer weiteren Eigenschaft auf den Plan, nämlich als Akteure des Heimcomputermarktes, und zwar sowohl als aktive, zuweilen eigenwillige Konsumenten von Hard- und Software, als auch als unternehmerische Subjekte. Die Elektroabteilung im Kaufhaus – nicht nur Ort des Konsums, sondern auch der Vergemeinschaftung am Computer und nicht zuletzt juveniler Geschäftstüchtigkeit (Tauschen, Handeln, Programmieren) – wurde als ihr natürliches Habitat zwar immer wieder in der Publizistik behandelt. Doch wurden gerade die unternehmerischen Aktionsmodi der Computerkids von der Öffentlichkeit kaum aufgegriffen: als eigenständige Akteure entzogen sich die jugendlichen Computerfans dem Blick der erwachsenen Kommentatoren.


Im Folgenden soll der Deutungsprozess skizziert werden, in dessen Verlauf die Computerkids von Projektionsflächen für Technophobien zu in ihrem Handeln anerkannten Subjekten wurden. Dabei soll es vornehmlich um jene Stimmen innerhalb der bundesdeutschen (v.a. linksalternativen) Publizistik gehen, die sich vornahmen, dieser neuen ›Sozialfigur‹ analytisch auf die Spur zu kommen. 


Der »zwanghafte Programmierer« und das Heimcomputerzeitalter


Eine zentrale Referenzfigur des bundesrepublikanischen computerkritischen Diskurses war bis in die zweite Hälfte der achtziger Jahre hinein der US-amerikanische Informatiker Josef Weizenbaum. Weizenbaum, Computerpionier der ersten Stunde, trat 1976 mit dem Buch Computer Power and Human Reason an die Öffentlichkeit.10 Darin positionierte er sich wenn nicht als ›Computerkritiker‹, so doch als Kritiker emotionaler Bindungen an und von Projektionen auf den Computer. Unter anderem brachte Weizenbaum die Figur des »zwanghaften Programmierers« ins Spiel, die pathologische Verkörperung einer vermeintlich exzessiven und nicht zielgerichteten Computernutzung. Dieser versuche nicht, mithilfe des Computers an lösbare Probleme heranzugehen, sondern betrachte Programmierung »als Mittel zum Zweck, um eine Interaktion mit dem Computer herzustellen«.11 Seine plastische Beschreibung greift den Stereotypisierungen vor, die das Bild der Computerkids die achtziger Jahre hindurch beherrschen sollten: 


»Überall, wo man Rechenzentren eingerichtet hat, […] kann man aufgeweckte junge Männer mit zerzaustem Haar beobachten, die oft mit tief eingesunkenen, brennenden Augen vor dem Bedienungspult sitzen; […] Ihre verknautschten Anzüge, ihre ungewaschenen Gesichter und ihr ungekämmtes Haar bezeugen, wie sehr sie ihren Körper vernachlässigen und die Welt um sich herum vergessen. Zumindest solange sie gefangen sind, existieren sie nur durch und für den Computer.«12

Weizenbaums Technologiekritik blieb noch Jahre später eine feste Referenz der computerskeptischen bundesdeutschen Debatte. Im Laufe der achtziger Jahre brachte Weizenbaum sich selbst immer wieder als ›Computer-Dissident‹ publizistisch ins Spiel – so etwa im symbolisch aufgeladenen Jahr 1984 mit dem Interview-Band Kurs auf den Eisberg, oder: Nur das Wunder wird uns retten, sagt der Computerexperte.13 Schon der Titel evozierte Dringlichkeit und Beruhigung zugleich: Die Katastrophe war nahezu unausweichlich, aber der Experte zeigte, wie man sie umschiffen könnte. In den biographischen Selbstauskünften stellte sich Weizenbaum als eine konsensfähige Figur für eine technikkritische linksalternative Leserschaft dar – als Vietnamkriegsgegner, Bürgerrechtler, und eben auch Computerpionier, also jemand, der ›weiß, wovon er spricht‹. Auch mit seiner Grund­argumentation, Computertechnologie trage gleichsam die Erbsünde, als Militärtechnologie konzipiert worden zu sein, konnte Weizenbaum darauf hoffen, den Nerv großer Teile der friedensbewegten Öffentlichkeit zu treffen. Das neue Phänomen der Computerkids erwähnte Weizenbaum eher nur beiläufig: Die Geschicklichkeit der Kids im Umgang mit Computern sei nicht verwunderlich, da sie schlicht und einfach genug Freizeit dafür hätten, zudem seien sie »der Verantwortung noch ganz enthoben. […] Es plagen sie keine Bedenken«.14 Dem technischen Können der Jugendlichen wurde Anerkennung gezollt – doch nur, weil sie nicht wissen, was sie tun.


»Unsere Kinder«


Der bundesdeutsche Buchmarkt sah 1985 gleich zwei Veröffentlichungen, die jugendliche Computernutzung auf die Agenda setzten und zum Symptom einer aus dem Ruder gelaufenen Gesellschaft erklärten: Computerkinder: Wie die Computerwelt das Kindsein zerstört des Kommunikationswissenschaftlers Claus Eurich sowie Zauberlehrlinge: Die gefährliche Liebe zum Computer des Arbeitspsychologen Walter Volpert.15 Die Autoren waren keine zentralen Protagonisten des linksalternativen Milieus, appellierten jedoch bewusst an dessen technikskeptischen Diskurs und stilisierten sich in der Tradition von Weizenbaum zu unbequemen Mahnern. 


Bei den Debatten um das Vordringen der Heimcomputertechnik in den bundesrepublikanischen Alltag nahm das meinungsstarke linksalternative Milieu eine zentrale Rolle ein. Zwar waren dort die kritischen Tendenzen keineswegs der Konsens – es gab auch Stimmen, die sich dafür einsetzten, Möglichkeiten eines ›anderen‹, emanzipatorischen Technikgebrauchs auszuloten. Im Computerbereich trat diese technikoptimistische Strömung etwa mit dem 1981 gegründeten Chaos Computer Club in Erscheinung.16 Die prinzipiell computerkritischen Ansätze waren jedoch ungleich prominenter. Ihre Autoren, wie Eurich und Volpert, fanden Eingang in die Programme großer Publikumsverlage, die diese Stimmen zu einem Teil des publizistischen Mainstreams werden ließen. 


Ihre technikkritische Argumentation stützte sich dabei auf mehrere Diskurslinien der politischen Linken. Erstens waren es die anti-tayloristischen Positionen der Gewerkschaftsbewegung, die im Computer vor allem eine Technologie zur Wegrationalisierung des Menschen sah.17 Zweitens speiste sich die Kritik am Heimcomputer als Konsumgut aus der linken Populärkulturkritik mit ihrer Vorstellung von einer übermächtigen ›Kulturindustrie‹, deren Produkte lediglich die realen Machtverhältnisse verschleiern würden.18 Drittens waren es die ökologischen und pazifistischen Positionierungen bestimmter Teile des linksalternativen Milieus, die Technologie im Allgemeinen in Widerspruch zur ins Ideal erhobenen ›Natur‹ setzten und Computer im Besonderen als Kind des militärindustriellen Komplexes deuteten.19 Und viertens schließlich gab es konkrete Gegenpositionen aus dem entgegengesetzten politischen Lager, die eine Reaktion geradezu herausforderten – etwa die öffentlichkeitswirksamen Interventionen des Informatikers und Regierungsberaters Klaus Haefner, der mit einem vielbeachteten, standort­nationalistisch argumentierenden Plädoyer für eine »human computerisierte Gesellschaft« in Erscheinung trat.20

Bei Eurichs Buch wurde das Anliegen schon durch den Klappentext in die zentralen, die kritische Öffentlichkeit umtreibenden gesellschaftlichen Probleme eingereiht: »[E]ine kranke oder schon tote Natur, überquellende Waffenarsenale, gentechnologische Manipulationen und die Computerisierung der Welt, die elek­tronische Vernetzung von jedem und allem.«21 Das Cover (Abb. 1) zierte ein Kind, gerade dem Säuglingsalter entwachsen, das scheinbar geistesabwesend vor einem Rechnerterminal hockte. Indes: Das Objekt von Eurichs Intervention waren keineswegs Kleinkinder, sondern computerenthusiastische Teenager. Diese allerdings waren in den Augen des Autors weniger handelnde Subjekte denn bereitwillige Opfer einer mächtigen Industrie. Die »Computerkultur« diene nur dazu, »einen möglicherweise gigantischen Markt über die alles entscheidende Ziel- und Multiplikatorengruppe, die Dreizehn- bis Neunzehnjährigen, […] vorzubereiten«.22 Alle Initiativen, die auf die Computerisierung der Jugend abzielen, von Informatikunterricht bis zu Computerklubs, wurden zu »Förderinstitutionen« dieser Industrieverschwörung erklärt, und selbst da, wo der Autor hinter diesen Vorhaben »eigene Initiativen computerbesessener Jugendlicher« beobachtete,23 waren diese lediglich das Symptom eines falschen Bewusstseins.


Auch die unternehmerischen Praktiken der Computerkids, die Eurich in eben jener »Kontaktzone Kaufhaus« verortete, schrieb er nicht dem Eigenantrieb der Jugendlichen zu, sondern führte sie auf manipulative Erwachsene zurück. So merkte er an, an den Ausstellungsgeräten würden nicht nur Spiele getestet, sondern auch »illegal Programme kopiert oder auch solche neu erstellt, die anschließend an interessierte Geschäftsleute für gutes Geld verkauft werden.« Wo also jugendliche Agency gerade aufzublitzen beginnt, schiebt der Autor hinterher: »Ein Münsteraner Geschäftsmann ließ sich so seine Buchhaltungsprogramme von […] Jugendlichen schreiben.«24 Mit seiner Fixierung auf die allmächtige Industrie ignorierte der Autor selbstständiges Handeln der Computerkids auch dort, wo es ihm klar und deutlich vor die Augen trat.


Der Psychologe Volpert arbeitete sich hingegen weniger an der ­Kulturindustrie ab, sondern schrieb den Computerkids all die pathologischen Züge zu, die in dieser Zeit ausgiebig medial ventiliert wurden: Verwahrlosung, Beziehungs­unfähigkeit, einen Sammlertick (bezogen auf das Kopieren und Horten von Software) sowie schließlich Allmachtsphantasien, die aus der Programmierbarkeit der Maschine und damit der Beherrschung der von ihr geschaffenen Schein-Realität resultieren würden.25 Auch die Suchtmetapher wurde von beiden Autoren intensiv bemüht.26 Sie nahmen Computer-Subkulturen wie die der Hacker zwar wahr und ließen ihnen durchaus Sympathie zukommen,27 ebneten den Unterschied zwischen ihnen und den ›normalen‹ jugendlichen Usern jedoch über Pathologisierung ein: »Gemeinsam mit den anderen ist [Hackern] allerdings, was durch Faszination nur unzureichend und treffender eher durch Sucht zu beschreiben ist.«28 Damit waren die Autoren ganz bei Weizenbaums »zwanghaftem Programmierer«, der wie ein Suchtkranker die Kontrolle über sich und seine Umwelt verloren hat. Die Wirkung der »Droge Computer«, die beide Autoren vor allem in der Praxis des Computerspiels verkörpert sahen, sei das Gefühl der Schein-Kontrolle, der »Programmierbarkeit der Welt«, das die Maschinen ihren Nutzern verleihen würde. Eurich machte keinen Unterschied zwischen ›produktivem‹ und ›unproduktivem‹ Computereinsatz durch die Jugendlichen: »Kinder, die drei, vier, fünf Stunden täglich vor ihren Kleinrechnern sitzen, sind keine Seltenheit […]. Bis aufs äußerste konzentriert sitzen sie, gespannt, verkrampft, wollen immer schneller werden, durchs Labyrinth kommen, noch mehr Panzer abschießen, Programmfehler eliminieren.«29 Vor allem der letzte Satz ist bemerkenswert: Das Beheben von ›Bugs‹, eine Aktivität, die fortgeschrittene Kenntnisse in Maschinensprache voraussetzt, wurde gleichgestellt mit dem Spielgebrauch des bloßen Konsumenten, der zudem als militaristisch skandalisiert wurde. Volpert rückte selbst die unmartialische Variante des Computergebrauchs von Jugendlichen, die »Programmiererei«, noch dezidiert in den Bereich gefährlichen Suchtverhaltens, vor dem die Gesellschaft abgeschirmt werden müsse: 


»Es ist also sehr zu bezweifeln, ob die ›Bastelkurse‹, zu denen sich computersüchtige Schüler und Lehrer heute zusammenfinden und in denen alle mögliche Programmiererei mit der Computer-Sprache BASIC betrieben wird, […] irgendwie nützlich und sinnvoll sind. Wir sollten solche Kurse eher als eine moderne Form des Rauch-Zimmers in den Schulen ansehen (zum Haschisch-Zimmer hat es wohl keine Schule gebracht).«30

Der Computer, so Eurichs zusammenfassende Einschätzung, sei »in erster Linie Herrschaftsinstrument«, und im Kampf gegen ihn sei auch die »Zerstörung des einen oder anderen digitalen Götzen unserer Zeit« legitim.31 Auch Volpert appellierte an den »Widerstand« durch individuelle Verweigerung.32 Schließlich, so Eurich, gehe es um »unsere Kinder«, die dem Computerwahn schutzlos ausgeliefert seien; in einem Seitenhieb auf standortnationalistische Technikeuphorien griff er jenes »Bündnis [an], das die Digitalisierung unserer Kinder noch lauthals feiert und beklatscht, Hauptsache, es kommen endlich mal wieder ein paar Nobelpreisträger heraus«.33

The kids are alright


Dieses Bündnis, so Eurich weiter, umfasse nicht nur das Industrie- und Politik­establishment, sondern reiche »bis tief in die linke Bewegung« hinein.34 In der Tat gab es auch unter den in der breiten Öffentlichkeit agierenden linksalternativen Publizisten solche, die sich darum bemühten, eine öffentliche Auseinandersetzung mit dem Phänomen ›Computerkids‹ abseits von Bevormundung und Verdammung zu führen. Prominent tat dies der eingangs erwähnte Matthias Horx mit seinem 1984 erschienenen Buch Chip-Generation. Seinen Diskussions­beitrag inszenierte er als investigativen und ergebnisoffenen »Trip durch die Computerszene«:35 Vom Kauf eines Heimcomputers gegen die Widerstände seiner Freunde, über stundenlanges Spielen im Selbstversuch und Erkundungen in den unterschiedlichen Computermilieus – von spieletauschenden Jugendlichen im Kaufhaus über semiprofessionelle Softwarepiraten und Hacker bis zu computergestützten Umweltschutz-Kollektiven und KI-Forschern –, bis zum Abfassen des Buches mithilfe des Computers, garniert mit Grafiken in Pixel-Ästhetik. 


Horx’ Selbstinszenierung als Investigativreporter, der gegen die vorherrschende Stimmung handelt, hängt sicherlich mit seinem zeitgleich einsetzenden Abrücken vom linksalternativen Milieu zusammen.36 Dennoch ist sein Buch über diese Selbstdarstellung hinaus ein wichtiges Zeitdokument, da darin sowohl technikfeindliche Vorbehalte als auch die frühen Computerkulturen in der Bundesrepublik selbst sichtbar werden. Es zeugt zudem vom Versuch eines prominenten Mitglieds des alternativen Milieus, die neuartige Erscheinung der Computerkids seinen politischen Peers verständlich zu machen. Gerade bei ihnen musste das Phänomen, sofern man sich darauf einzulassen bereit war, für Irritationen sorgen. Eigentlich waren marginalisierte Jugendliche, von Fürsorgezöglingen bis Punks, stets ein beliebtes Objekt linker Solidarität – und dass Computerkids durch die Medienberichterstattung, aber auch durch ihr demonstratives Außenseitertum marginalisiert waren, stand außer Frage. Gleichzeitig waren ihre Vergemeinschaftungszusammenhänge jedoch weniger offensichtlich, so dass sie als Gruppe und damit auch als Objekt der Solidarität schwerer zu fassen waren. Der Eigenbrötler-Gestus vieler Protagonisten fiel auch Horx auf; zudem war es nicht nur ihre zur Schau gestellte Abgrenzung von linksalternativem Gedankengut, sondern ihr zuweilen geradezu »reaktionärer« Gestus,37 der eine Identifikation mit ihnen erschweren musste. 


Nichtsdestotrotz versuchte Horx, eine empathische Sichtweise auf die jugendlichen Computerfans zu evozieren – zunächst über vertraut klingende Metaphern wie die des umherziehenden »Mikro-Clochards«, der Assoziationen mit romantischen Vagabunden ebenso wie mit ›umherschweifenden Haschrebellen‹ barg. Auch jenseits dessen wurden die Computerkids als ein Phänomen generationeller Rebellion stilisiert. Es seien die Kinder der 1968er-Generation, die gegen ihre Eltern rebellierten, deren Utopien ins Leere gelaufen seien und die ihren »Klagen darüber, wie ungerecht und zukunftslos die Welt ist«, keinen praktischen Widerstand, sondern bloß die langatmige Verhandlung von »Problemen« folgen ließen.38 So wurde das Phänomen den linksalternativen Peers verständlich gemacht – einerseits als Resultat des Scheiterns der eigenen Generation, andererseits aber als Auflehnung gegen die Alten und damit als Parallele zur eigenen Lebenserfahrung. Horx beeilte sich jedoch festzustellen, dass die Rebellion der Computerkids nicht zwangsläufig gegen das Ideenerbe der 1968er gerichtet sei, schließlich habe Technikskepsis »längst die bürgerlichen Reihenhäuser erreicht«.39 Damit wurde das Phänomen ›Computerkids‹ noch plausibler gemacht und dem Interpretationsrahmen des eigenen Milieus angepasst, indem die Kids als Rebellion gegen den bürgerlichen Mainstream, wenn auch in befremdender Form, präsentiert wurden. Das Fazit von Horx war zwar ambivalent, jedoch zuversichtlich: »Nein, mit Revolte im klassischen Sinn hat das wenig zu tun […]. Es geht um Selbstbewusstsein. […] Die meisten Kids spüren sehr wohl die Hilflosigkeit, mit der ihre Eltern auf die gesellschaftlichen Prozesse reagieren. Sie selbst haben dagegen das unbedingte Gefühl, ›es schaffen zu können‹.« Der Computer sei »beides in einem: subversiv und konform«.40

Mit ähnlichen Argumentationen deuteten zwei weitere Autoren die Computerkids als Aufstand gegen das (gescheiterte) Aufbegehren der Eltern. Georg ­Seeßlen legte im selben Jahr und in derselben Buchreihe wie Horx Pac Man & Co.: Die Welt der Computerspiele vor. Hinter dem unprätentiösen Titel verbarg sich eine elaborierte Analyse des neuen Mediums ›Computerspiel‹, seiner Genres und Erzählstrategien. Hier kam der Autor nicht umhin, sich mit den Mediennutzern, den Computerkids, auseinanderzusetzen, und sie zwischen den vermeintlichen Polen ›Konformismus‹ und ›Rebellion‹ zu verorten. Sein Fazit: »The Kids are Allright [sic]«.41 Die Erwachsenen führten in Seeßlens Augen lediglich ein Rückzugs­gefecht. Schärfer als Horx rechnete der Autor mit dem Rückfall der alternativen Pädagogik von einer »experimentierenden« in eine »beschützende« ab: »Man versuchte, die Kids vor allem möglichen zu bewahren, vor allem natürlich vor dem, was man selber nicht hatte oder verstand. […] In der Tat ist diese Verlogenheit von jedem Kind zu durchschauen, das sich im Kinderkultur-Getto mehr Kraft für die Rebellion holt als aus dem Gesülze seiner Feierabend-Hippie-Eltern.«42

Auch der Psychologe Klaus-Jürgen Bruder ließ vier Jahre später in seinem Beitrag für Psychologie Heute den Computerkids Subversivität angedeihen.43 In expliziter Abgrenzung von Eurich und Weizenbaum sah er in auch noch so exzessiver Beschäftigung Jugendlicher mit dem Computer weder eine Gefahr für ihre Entwicklung noch ein Ergebnis kulturindustrieller Manipulation, sondern vielmehr einen Modus der »Sozialisation in eigener Regie«, frei von Bevormundung durch Erwachsene und Institutionen. Auch traf Bruder eine Feststellung, die mit der Weizenbaumschen Tradition der Computerkritik als Herrschaftskritik radikal brach. Er lehnte die Übertragung der Bedenken gegen Computertechnologie am Arbeitsplatz und im Staatsapparat auf den jugendlichen Heimcomputergebrauch ab: Während dort »der Einsatz des Computers nicht von den Benutzern selbst bestimmt« werde, gelte hier »diese Fremdbestimmung nicht«.44 Heimcomputertechnologie mache kraft ihrer Beschaffenheit und ihrer ›demokratischen‹ Verfügbarkeit eine emanzipatorische Aneignung von Computern überhaupt erst möglich. Dies erstreckte sich sogar auf das Spielen: Explizit schrieb Bruder dem aktiven Computerspieler dank des Informations- und Erfahrungsaustauschs, den er, um erfolgreich zu sein, eingehen müsse, sowie des notwendigen Bastelns an Hardware und Software eine aktive, selbstbestimmte Rolle zu. Es seien gerade die neuen Computer-Subkulturen wie die Hacker, Cracker und Mailbox-Nutzer, die, so der Autor, »ein sehr lebendiges Jugendmilieu« entstehen ließen, das keineswegs den Befürchtungen um soziale Isolation und emotionale Verarmung der Computerjugend entspreche.45 Insgesamt legte Bruder, als gegen den Taylorismus und die ›bürgerliche Psychologie‹ anschreibender Kursbuch-Autor ein ausgewiesener kritischer Linksintellektueller, so etwas wie eine Rehabilitation der Computerkids aus Sicht des linksalternativen Milieus vor.


Kaufhaus-Kids und der »Triumph des Entrepreneurs«


Am Anfang seines Beitrags hatte Bruder bezüglich der technikskeptischen Positionen konstatiert: »So plausibel [ihre] Argumente erscheinen, sie sind keineswegs zwingend. Es könnte ebenso gut auch anders sein.«46 In der Tat war er nicht der Einzige, der auf diese Ergebnisoffenheit verwies. Ab Mitte der achtziger Jahre machten sich Sozialwissenschaftler daran, unter der Leitfrage »Was wissen wir eigentlich?«47 die Computerkids-Debatte aus dem Bereich der Publizistik in die empirische Forschung zu verlagern.48 Ihre Ergebnisse schlugen sich in den frühen neunziger Jahren in der politischen Entscheidungsfindung nieder,49 und auch in der Öffentlichkeit wich die Aufregung um die Computerkids zunehmend einem Gefühl von Selbstverständlichkeit. Dies bedeutete natürlich nicht, dass vermeintlich exzessiver Computergebrauch durch Jugendliche keinen Anlass mehr für Kontroversen bot – man denke nur an die bis in den Bundestag hineinreichende ›Killerspiel-Debatte‹ der Nuller Jahre. Ebenso wenig blieben Publikationen, die sich um das Verstehen der Computerkids bemühten, in den neunziger Jahren aus – und auch hier war es wie schon im Spiegel-Artikel von 1984 das Kaufhaus, das als zentraler Ort der Jugendkultur eine herausragende Rolle spielte.50

Was hat es eigentlich mit diesem immer wiederkehrenden Ort des Kaufhauses auf sich? Es wäre reizvoll, eine noch zu schreibende Sozial- und Kulturgeschichte des Heimcomputermilieus von diesem historischen Konsumort her zu entfalten,51 der nicht nur der zeitgenössischen Publizistik als Kulisse diente, sondern auch in Memoiren und Zeitzeugeninterviews der Generation C-64 immer wieder auftaucht. Hier soll er jedoch lediglich auf einen Aspekt verweisen, der in der zeitgenössische Publizistik zwar immer wieder aufblitzte, aber weitgehend unreflektiert blieb: Computerkids als unternehmerische Subjekte. Dem eingangs zitierten Spiegel-Feature ist ein Interview mit einigen »jugendlichen Computer-Fans« nachgestellt. Auf den Reiz von Computern befragt, kommen die Teenager schnell zur Sache: 


»KARSTEN: Ich möchte später nicht am Fließband irgendwelche Eierchen zusammenklatschen, sondern möglichst mein Geld mit Programmen verdienen. […] ALEXANDER: Ich bin doch sowieso schon im Geschäft. Ich bin zu einem Händler hin, der Software aus England importiert, und hab’ gefragt, ob er mir nicht die Programme zu Dealer-Preisen geben kann. Na, und der hat gesagt ja, und dann hab’ ich Anzeigen in Computer-Zeitschriften aufgegeben. Da hab’ ich dann so am Tag 40 Anrufe. […] OLAF: Hier ist meine Visitenkarte, meine Firma heißt ›Easysoft‹. Ich mach’ das auch so wie der Alexander.«52

Die Computerkids erscheinen hier weder als weltfremde »zwanghafte Programmierer« noch als willenlose Industrieopfer, sondern als umtriebige Jungunternehmer. Unabhängig davon, ob es sich in dem konkreten Fall um Aufschneiderei handelte: Die Aussagen spiegeln verbreitete Tendenzen im jugendlichen Computer-Fan-Milieu wider. Teenager, die über Kleinanzeigen selbstprogrammierte – oder illegal kopierte – Software verkauften, waren ein Massenphänomen.53 Die europäische Softwareindustrie jenseits der wenigen Großunternehmen – wie überhaupt das gesamte kommerzielle Feld um Heimcomputer – war höchst durchlässig, und die Grenzen zwischen ›Amateuren‹ und ›Profis‹ verschwommen. Autodidaktische Computer-Teenager schrieben für Fachmagazine, publizierten technische Handbücher, programmierten an kommerziellen Spielen mit, verkauften ihre selbstgeschriebene Software an Unternehmen oder gründeten solche gleich selbst.54 Auch in den Kaufhäusern stammten die Fachkräfte zeitgenössischen Berichten zufolge »meistens aus dem Bereich der ›Computer-Freaks‹ und weniger aus dem kaufmännischen Sektor«55. Als erste Generation, die mit der neuen Technik aufwuchs, hatten die Computerkids keine Skrupel, aus ihrem Expertenwissen Kapital zu schlagen. Und selbst in ihren Subkulturen hatten sie das Prinzip des unternehmerischen Handelns verinnerlicht: Die Cracker etwa organisierten ihre Kollektive wie Mini-Konzerne mit eigenen Marken und einem oftmals internationalen ›Mitarbeiter‹-Stab und frönten der ungezügelten Konkurrenz um die besten und am schnellsten modifizierten Softwarekopien.56

Es ist bemerkenswert, dass der Unternehmergeist der Computerkids gerade von den gesellschaftskritischen Publizisten nicht auf- und angegriffen wurde. Eurich zitierte das Spiegel-Interview, allerdings nicht die angeführte Passage.57 Horx thematisierte den von Teenagern beherrschten Software-Schwarzmarkt, macht dies jedoch nicht zum Stoff seiner Überlegungen um ›Konformismus‹ und ›Rebellion‹. Während die linksalternativen Autoren die Computerkids aus den Klauen einer übermächtigen Industrie retten wollten, sahen sie nicht, dass die umtriebigen Jugendlichen in vielen Bereichen rund um Softwareproduktion und -distribution ihre Hände im Spiel hatten. Mehr noch, die Computerkids verkörperten aus voller Überzeugung den zeitgenössisch diagnostizierten »Triumph des Entrepreneurs« als neues gesellschaftliches Leitbild im »Strukturbruch« der achtziger Jahre.58 Lange bevor Flexibilisierung, prekäres Freiberuflertum und ›digitaler Kapitalismus‹ zu Schlagworten der gesellschaftskritischen Debatte wurden, pflegten viele Computerkids ein »unternehmerisches Selbst« und wurden zu Vorreitern von Selbstvermarktungs- und Selbstausbeutungsmodi, die bis heute die Arbeitswelt bestimmen.59 Aus gesellschaftskritischer Warte waren die »Kids« also lange nicht »all right« – die zeitgenössischen Kommentatoren hatten bloß nicht die ausschlaggebenden Gründe dafür im Blick.


Anmerkungen


1 Matthias Horx: Chip-Generation. Ein Trip durch die Computerszene, Reinbek bei Hamburg 1984, S. 44.


2 »Computer – das ist wie eine Sucht«, in: Der Spiegel (50), 1983, S. 172–183. 


3 Siehe z.B. Nelly Oudshoorn, Trevor Pinch (Hg.): How Users Matter: The Co-Construction of Users and Technologies, Cambridge, MA 2003; James Sumner: »›Today, Computers Should Interest Everybody‹. The Meanings of Microcomputers«, in: Zeithistorische Forschungen 9 (2), 2012, S. 307–315.


4 Werner Faulstich: »Die Anfänge einer neuen Kulturperiode. Der Computer und die digitalen Medien«, in: Ders. (Hg.): Die Kultur der 80er Jahre, München 2005, S. 231–45; Thomas Lean: »›Inside a Day, You Will Be Talking to It Like an Old Friend‹. The Making and Remaking of Sinclair Personal Computing in 1980s Britain«, in: Gerard Alberts, Ruth Oldenziel (Hg.): Hacking Europe: From Computer Cultures to Demoscenes, London 2014, S. 49–71.


5 Gerd Paul: »Der Computer in der Alltagswelt von ›Computerkids‹«, in: Wolfgang Sander (Hg.): Schülerinteresse am Computer: Ergebnisse aus Forschung und Praxis, Opladen 1988, S. 95–108, hier S. 95.


6 Vgl.: Stephan Moebius, Markus Schroer (Hg.): Diven, Hacker, Spekulanten: Sozialfiguren der Gegenwart, Berlin 2010.


7 Georg Seeßlen: Pac Man & Co. Die Welt der Computerspiele, Reinbek bei Hamburg 1984, S. 29.


8 Claus Pias: »Kulturgeschichte des Hackens«, in: Dominik Landwehr (Hg.): Hacking, Basel 2014, S. 10–23; Patryk Wasiak: »›Illegal Guys‹. A History of Digital Subcultures in Europe during the 1980s«, in: Zeithistorische Forschungen 9 (2), 2012, S. 257–276; Alberts: Hacking Europe, a.a.O.


9 Seeßlen: Pac Man & Co., a.a.O., S. 9.


10 Deutsche Übersetzung: Joseph Weizenbaum: Die Macht der Computer und die Ohnmacht der Vernunft, Frankfurt/M. 1977. Zu Weizenbaum siehe: Gerard O’Regan: Giants of Computing: A Compendium of Select, Pivotal Pioneers, London 2013, S. 263–266.


11 Weizenbaum: Die Macht der Computer, a.a.O., S. 161.


12 Ebd., S. 160–161. Für eine Kulturgeschichte des Programmierers, die allerdings vor Weizenbaums Intervention abbricht, siehe zuletzt: David Gugerli: »Der Programmierer«, in: Alban Frei, Hannes Mangold (Hg.): Das Personal der Postmoderne. Inventur einer Epoche, Bielefeld 2015, S. 17–32.


13 Joseph Weizenbaum, Bernhard Moosbrugger: Kurs auf den Eisberg, oder, Nur das Wunder wird uns retten, sagt der Computerexperte, Zürich 1984. 


14 Ebd., S. 58.


15 Claus Eurich: Computerkinder. Wie die Computerwelt das Kindsein zerstört, Reinbek bei Hamburg 1985; Dieter Volpert: Zauberlehrlinge. Die gefährliche Liebe zum Computer, Weinheim 1985.


16 Für ein Beispiel siehe das Interview mit den HerausgeberInnen der Zeitschrift Wechsel­wirkung im vorliegenden Band. Zum CCC siehe zuletzt: Kai Denker: »Heroes Yet Criminals of the ­German Computer Revolution«, in: Hacking Europe, a.a.O., S. 167–187.


17 Stellvertretend für die Gewerkschaftspublizistik: Heiner Dunckel, Martin Resch: Computer für den Menschen? Risiken und Chancen des Computereinsatzes am Arbeitsplatz, Köln 1987. Siehe auch den Beitrag von Monika Dommann im vorliegenden Band.


18 Thomas Hecken: Theorien der Populärkultur, Bielefeld 2007, S. 35–46.


19 Zum linksalternativen Milieu allgemein: Sven Reichardt: Authentizität und Gemeinschaft. Linksalternatives Leben in den siebziger und frühen achtziger Jahren, Berlin 2014. Zur technik­kritischen Wende der Umweltbewegung: Jens Ivo Engels: »Umweltschutz in der Bundesrepublik. Von der Unwahrscheinlichkeit einer Alternativbewegung«, in: Sven Reichardt, Detlef Siegfried (Hg.): Das Alternative Milieu. Antibürgerlicher Lebensstil und linke Politik in der Bundesrepublik Deutschland und Europa 1968–1983, Göttingen 2010, S. 405–422, hier S. 410–411. Zum Idealbild der archaischen Gesellschaft in der Friedensbewegung: Tim Warneke: »Aktionsformen und Politikverständnis der Friedensbewegung. Radikaler Humanismus und die Pathosformel des Menschlichen«, in: Ebd., S. 445–472, hier S. 470–472.


20 Klaus Haefner: Mensch und Computer im Jahre 2000. Ökonomie und Politik für eine human computerisierte Gesellschaft, Basel 1984.


21 Eurich: Computerkinder, a.a.O., S. 2.


22 Ebd., S. 34.


23 Ebd., S. 34, 41–42.


24 Ebd., 50–51.


25 Volpert: Zauberlehrlinge, a.a.O., S. 57ff. 


26 Eine Metapher übrigens, die von Kulturkritikern bereits auf das Fernsehen angewandt worden ist: Werner Faulstich: »›Jetzt geht die Welt zugrunde …‹ Kulturkritik, ›Kulturschocks‹ und Mediengeschichte. Vom antiken Theater bis zu Multimedia«, in: Ders. (Hg.): Medienkulturen, München 2000, S. 171–189, hier S. 182.


27 Volpert: Zauberlehrlinge, a.a.O., S. 57–65; Eurich: Computerkinder, a.a.O., S. 57.


28 Ebd.


29 Ebd., S. 57.


30 Volpert: Zauberlehrlinge, a.a.O., S. 159. Auch Eurich konnte mit Programmierung wenig anfangen: die »Computersprache« sei »armselig; ein Witz, verglichen mit der Vielfalt […] natürlicher Sprachen«, Eurich: Computerkinder, a.a.O., S. 75.


31 Ebd., S. 146, 157. 


32 Volpert: Zauberlehrlinge, a.a.O., S. 22, 183.


33 Eurich: Computerkinder, a.a.O., S. 167.


34 Ebd.


35 Horx: Chip-Generation, a.a.O.


36 Zur Biografie Horx’ siehe: Arndt Neumann: Kleine geile Firmen: Alternativprojekte zwischen Revolte und Management, Hamburg 2008, S. 61–72.


37 Horx: Chip-Generation, a.a.O., S. 54.


38 Ebd., S. 54–55. Zum »Psychoboom« im linksalternativen Milieu siehe Reichardt: Authenti­zität und Gemeinschaft, a.a.O., S. 782–806.


39 Horx: Chip-Generation, a.a.O., S. 55.


40 Ebd., S. 59.


41 Seeßlen: Pac Man & Co., a.a.O., S. 193.


42 Ebd., S. 24–25.


43 Klaus-Jürgen Bruder: »Selbst-Findung am Computer«, in: Psychologie Heute 15 (7), 1988, S. 60–67.


44 Ebd., S. 62.


45 Ebd., S. 63.


46 Ebd., S. 61.


47 Harald Baerenreiter: »Jugend und Computer. Zur Empirie eines problematischen Verhältnisses«, in: Schülerinteresse am Computer, a.a.O., S. 71–94, hier S. 76.


48 Vgl. z.B.: U. Behrens u.a.: Jugend und neue Medien. Video, Bildschirmspiele und Computer »erobern« die jugendliche Lebenswelt, Trier 1986; Thomas A. Wetzstein: Computerisierung jugendlicher Lebenszusammenhänge. Zur Bedeutung des Computers für den Lebensalltag von Jugendlichen, Trier 1988; Harald Baerenreiter, Werner Fuchs-Heinritz und Rolf Kirchner: Jugendliche Computer-Fans: Stubenhocker oder Pioniere? Biographieverläufe und Interaktionsformen, Opladen 1990; Peter Noller, Gerd Paul: Jugendliche Computerfans: Selbstbilder und Lebensentwürfe, ­Frankfurt/M. 1991; Roland Eckert u.a.: Auf digitalen Pfaden. Die Kulturen von Hackern, Programmierern, ­Crackern und Spielern, Opladen 1991.


49 Deutscher Bundestag: »Drucksache 12/8587. Bericht der Bundesregierung über die Lage der Medien in der Bundesrepublik Deutschland 1994«, 1994, S. 282: http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/12/085/1208587.pdf (aufgerufen: 29.05.2016).


50 Wolfgang Bergmann: Computer-Kids. Die neue Generation verstehen lernen, Zürich 1995, S. 121–140.


51 Zur Verknüpfung von Technik und Konsum in der deutschen Kaufhauskultur siehe: Uwe Spiekermann: »Das Warenhaus«, in: Alexa Geisthövel, Habbo Knoch (Hg.): Orte der Moderne. Erfahrungswelten des 19. und 20. Jahrhunderts, Frankfurt/M. 2005, S. 207–217.


52 »›Ich beherrsche, was andere nicht können.‹ SPIEGEL-Interview mit jugendlichen Computer-Fans über Spaß und Geschäft«, in: Der Spiegel (50), 1983, S. 182–183.


53 Thomas Tai: Cracker, Hacker, Datensammler. Softwarepiraterie unter der Lupe, Heidelberg 1986.


54 Chris Wilkins, Roger M. Kean: The Story of U.S. Gold. A Very American, British Software House, Kenilworth 2015, S. 47, 208; Ulf Sandqvist: »The Development of the Swedish Game Industry: A True Success Story?«, in: Peter Zackariasson, Timothy L. Wilson (Hg.): The Video Game Industry: Formation, Present State, and Future, New York 2012, S. 134–153.


55 Herbert Buckel, Klaus Schrödl: »Unter die Lupe genommen: Computer-Fachberatung«, in: 64’er (1), 1987, S. 8–11.


56 Markku Reunanen, Patryk Wasiak und Daniel Botz: »Crack Intros: Piracy, Creativity and Communication«, in: International Journal of Communication 9, 2015, S. 798–817; Wasiak: »›Illegal Guys‹«, a.a.O. Zu den unternehmerischen Praktiken von Crackern siehe: Gleb J. Albert: »Computerkids als mimetische Unternehmer. Die ›Cracker-Szene‹ der 1980er Jahre im Spannungsfeld von Subkultur und Ökonomie«, in: WerkstattGeschichte, 2017, in Vorbereitung.


57 Eurich: Computerkinder, a.a.O., S. 66–67.


58 Paul Thibaud: »The Triumph of the Entrepreneur«, in: Telos (64), 1985, S. 134–140; Anselm Doering-Manteuffel, Lutz Raphael: Nach dem Boom. Perspektiven auf die Zeitgeschichte seit 1970, Göttingen 2012³.


59 Vgl. Ulrich Bröckling: Das unternehmerische Selbst. Soziologie einer Subjektivierungsform, Frankfurt/M. 2007. Dabei ist es Ironie des Schicksals, dass Horx in den neunziger Jahren zum »Vordenker einer neoliberalen Arbeitsorganisation« und Autor von Management-Büchern avancierte: Neumann: Kleine geile Firmen, a.a.O., S. 78.

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Gleb J. Albert

ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Historischen Seminar der Universität Zürich und assoziiertes Mitglied am Zentrum »Geschichte des Wissens«. Er hat zur Geschichte der frühen Sowjetunion und der internationalen Arbeiterbewegung gearbeitet und forscht aktuell im Rahmen der DFG-Forschergruppe Medien und Mimesis zur Geschichte der globalen Softwarepiraten- und »Cracker«-Szene der achtziger und frühen neunziger Jahre.
Nils Güttler (Hg.), Margarete Pratschke (Hg.), ...: Nach Feierabend 2016

Ob Medien, Technik, Bilder, Körper oder Ökologie: Was die Geistes- und Kulturwissenschaften heute bewegt, gewinnt bereits in den frühen 1980er Jahren an Aktualität. In den Blick gerät ein Jahrzehnt, in dem sich Medien- und Technikrealitäten in den westlichen Gesellschaften spürbar wandelten und das Versprechen einer ›Wissensgesellschaft‹ in greifbare Nähe rückte. In die Karriere des »Wissens« um 1980 mischten sich historisch spezifische Erfahrungen und Zukunftsversprechen, politische Auseinandersetzungen und soziale Visionen – eine Konstellation, deren Gefüge sich inzwischen verschoben hat oder deren Bedeutung schlicht in Vergessenheit geriet.
Die aktuelle Ausgabe von »Nach Feierabend« widmet sich dieser Konstellation, aus der auch die neuere wissenshistorische Forschung hervorgegangen ist. Wie hängt das heutige Theorieangebot mit den Lebenswelten der achtziger Jahre zusammen? Wie viel bleibt von den visionären Entwürfen der damaligen Zeit übrig, wenn man sie an den historischen Problemhorizont zurückbindet? Und nicht zuletzt: Was blieb auf der Strecke?

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