»Ego kontrahiert das Denken bis zu dem Punkt, der es sich entreißt. Das ist keine Gewalt – nur insofern, als das Denken seit Descartes nicht dazu bereit ist, sich mit seiner eigenen Konvulsion auseinanderzusetzen: Gewalt entsteht in dem, womit man nicht bereit ist, sich auseinanderzusetzen. Die Konvulsion von ego aber ist nicht per se Gewalt – auch nicht Verwirrung und nicht Krankheit, wenngleich ohne Zweifel darin ein Chaos rumort: Es ist das Geheiß einer Prüfung und Aufgabe, die die am wenigsten unangemessene Zukunft des Menschen sein könnte.«
(1940–2021) gilt als einer der bedeutendsten Philosophen der Gegenwart. Er lehrte bis zu seiner Emeritierung Philosophie an der Université Marc Bloch in Straßburg und hatte Gastprofessuren in Berkeley, Irvine, San Diego und Berlin inne. Sein vielfältiges Werk umfasst Arbeiten zur Ontologie der Gemeinschaft, Studien zur Metamorphose des Sinns und zu den Künsten, Abhandlungen zur Bildtheorie, aber auch zu politischen und religiösen Aspekten im Kontext aktueller Entwicklungen.
»Es geht um keine allgemeine, systematische Theorie des Cartesianismus. Es geht nur darum, mehrmals durch denselben Punkt – den cartesischen Punkt des Selben – hindurchzugehen, um bestätigt zu sehen, dass das Subjekt dort nicht ist – nicht als das Eine und nicht als das Andere. Wohl aber als das Selbe: ist es doch die innerste und unmäßigste Natur des Selben, dass sie unbestimmt wird. Das ist der Grund, warum ego sum, indem es sich äußert und weil es sich äußert, im Moment seiner Äußerung selbst jedes Wesen des Subjekts erschöpft.«