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Peter Risthaus: Auf dem Trip
Auf dem Trip
(S. 65 – 80)

Drogenprotokolle als literarische Formulare

Peter Risthaus

Auf dem Trip
Drogenprotokolle als literarische Formulare

PDF, 16 Seiten

Im Anschluss an die Vision eines enhancement von Soldaten durch Steroidhormone geht es im ersten Beitrag von Peter Risthaus um ein enhancement von Dichtern durch Drogen. Diese Geschichte lässt sich zum großen Teil in den Drogenprotokollen nachlesen, die die Autoren der literarischen Avantgardebewegungen des 20. Jahrhunderts pflegten. Bereits im 19. Jahrhundert waren Dichter wie Thomas de Quincey und Charles Baudelaire buchstäblich auf Opium- und Haschisch-Trips vorangegangen, um gezielt in eine Tiefenschicht dichterischer Kreativität einzutauchen und die Kräfte des Unbewussten selbständig agieren zu lassen. An Beispielen von Walter Benjamin und Ernst Jünger erläutert Peter Risthaus die besondere Funktion des Protokolls, das in die Literatur Eingang fand. Denn die Autoren verzeichneten bei ihren durch Drogen in Gang gesetzten Trips und Fahrten zunächst nur dichterischen Leerlauf. Sie konnten das Erlebte nicht in Literatur verwandeln. Erst durch supplementäre Techniken wie die Erinnerung und das Protokoll ließen sich die Spuren, die der über Drogen regulierte Selbstlauf der kreativen Kräfte auf Papieren hinterließ, in Kunst übertragen. Die moderne Poetik, die Literatur inzwischen als Ergebnis von Technik auffasst, hat dieses Szenario aber inzwischen wieder aufgegeben.

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Peter Risthaus

Peter Risthaus

ist akademischer Rat auf Zeit am Germanistischen Institut der Ruhr-Universität Bochum. 2005 promovierte er mit einer Arbeit zur Onto-Topologie. Zur Entäußerung des unverfügbaren Ortes von Heidegger zu Derrida und jenseits. Seine aktuellen Forschungsschwerpunkte sind: Geschichte und Theorie des Unterschreibens, Ideen der Absenz, Off-Stimmen in Literatur und Film. Zudem ist er Mitbetreiber des ›Archivs des Beispiels‹.
 

Weitere Texte von Peter Risthaus bei DIAPHANES
Stefan Rieger (Hg.), Manfred Schneider (Hg.): Selbstläufer / Leerläufer

Das 20. Jahrhundert steht im Zeichen der Regelung und ihrer Versprechen. Ob im Realen der Technik oder im Imaginären der Kultur, sie lässt kaum einen Bereich der Lebenswelt unberührt. Doch neben einfachen Formen geglückter Betriebsamkeit und neben reibungslosen Abläufen gibt es Fälle, die aus der Regelungsnormalität ausscheren – dann etwa, wenn sich Dinge ohne energetischen Aufwand verselbständigen oder ohne Bezug auf eine Referenz leerlaufen. Selbstläufer und Leerläufer sind somit nicht selten spektakuläre Einbrüche in der Ökonomie der Regelung. Gerade Selbstläufer und Leerläufer können den Status der kybernetischen Vernunft veranschaulichen. Das große Versprechen, das seit dem 20. Jahrhundert auf dem Regelungsparadigma wie eine Hypothek lastet, scheint immer weniger einlösbar. Die aktuellen Krisen bei Individuen und Banken, bei Autobauern und ganzen Volkswirtschaften machen deutlich, wie prekär es um die vermeintliche Synonymie von Vernunft und Regelung steht.